Aktuelles



  • 27. April 2024

    Wohin steuert die Europäische Union?

    Uli Brockmeyer

    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit einer Rede in der Sorbonne wieder einmal Anspruch auf eine Führungsrolle im Gefüge der Europäischen Union erhoben. Nachdem er vor sieben Jahren an gleicher Stelle seine »Vision« von einem »souveränen Europa« dargelegt hatte – die seinerzeit beim großen Nachbarn Deutschland auf wenig Gegenliebe stieß – streicht er nun vor allem die riesigen Bedrohungen hervor, denen sich angeblich »Europa« ausgesetzt sieht.

    »Europa kann sterben«, meint der Präsident, denn »Europa« stehe »an einem Wendepunkt«. Den markiert er vor allem an der Tatsache, daß die Zeit vorbei sei, in der Mitgliedstaaten der EU »ihre Energie und Rohstoffe aus Russland bezogen haben, viele Produkte aus China geliefert wurden und die USA die Sicherheit gewährleistet« hätten. In der Berichterstattung über die Rede wurde nicht erwähnt, ob Herr Macron auf die selbstgemachten Ursachen für diesen »Wendepunkt« hingewiesen hat, nämlich die von der EU diktierten Embargomaßnahmen gegen Rußland, die Konfrontationspolitik gegenüber China und die Tatsache, daß die USA es sich schlicht nicht mehr leisten können, immer mehr Militär auf dem europäischen Kontinent zu finanzieren.

    Der Präsident mahnt »dringende Entscheidungen« an. Die aus seiner Sicht wichtigsten hatte er gleich parat. Macron fordert »eine europäische Verteidigungsstrategie mit einer gemeinsamen Rüstungsindustrie und mit einer über Fonds der EU finanzierten beschleunigten Aufrüstung.« Die Handelspolitik müsse angesichts massiver Subventionen von China und den USA in die eigene Industrie überdacht werden. In Schlüsseltechnologien müsse es in der EU eine Bevorzugung »europäischer Produkte« geben. Auch in der Landwirtschaft und Ernährungsindustrie müssten zum Schutz der Landwirte gleiche Normen und Spielregeln gelten – natürlich nur solche, die den Profitinteressen der Unternehmen in der EU entsprechen.

    Vor sieben Jahren strafte die deutsche Kanzlerin Merkel den deutlichen Führungsanspruch des jungen Staatschefs im Nachbarland mit Schweigen. Der von allen Seiten, selbst aus den vermeintlich eigenen Reihen bedrängte aktuelle Hausherr im Berliner Kanzleramt reagierte umgehend. Er unterstütze die von Macron vorgeschlagenen Maßnahmen »für ein wirtschaftlich starkes, sicheres Europa«. Gemeinsames Ziel von Frankreich und Deutschland sei es, »dass Europa stark bleibt«, schrieb Scholz auf der Plattform X. Und fügte hinzu: »Deine Rede enthält gute Impulse, wie uns das gelingen kann«.

    Bleibt die Frage, wie die von Olaf Scholz ausgemachten »Impulse« in der Praxis verwirklicht werden können. Angesichts des aktuellen Zustands der Europäischen Union, die sich von einer ursprünglich als wirtschaftlicher Zusammenschluß gedachten Union zu einer Militärunion entwickelt und angesichts der immensen Aufrüstungsprojekte kaum noch zu Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschaft in der Lage ist, scheint das alles wie eine Utopie. Braucht der Kontinent Europa, der übrigens deutlich größer ist als die anmaßende EU, neben dem aggressiven Kriegspakt NATO noch einen weiteren waffenstarrenden, stetig um Expansion bedachten Militärpakt?

    Diese Europäische Union wird nicht nur zu einer immer größeren Belastung für die Menschen, sie macht sich auch angesichts der inneren Widersprüche und des akuten Mangels an echter Demokratie zunehmend überflüssig.

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  • 26. April 2024

    Hunger – eine Erscheinung des gewöhnlichen Kapitalismus

    Uli Brockmeyer

    Jahr für Jahr stellen sich die UNO und zahlreiche Organisationen ambitionierte Ziele im Kampf gegen den Hunger. Und Jahr für Jahr kommen immer wieder neue erschreckende Meldungen, daß diese Ziele nicht nur nicht erreicht werden, sondern daß die Zahl der Menschen, die weltweit Hunger leiden müssen, stetig wächst.

    Angaben der UNO vom Mittwoch zeigen nun, daß – zumindest nach offiziellen Statistiken – die Zahl der Menschen in einer akuten Hunger-Notlage im vergangenen Jahr weltweit auf 281,6 Millionen gestiegen ist, das sind 24 Millionen mehr als im Jahr davor. Angesichts der komplizierten Einstufungskriterien und sicher auch der Zurückhaltung bei der Erfassung der Notleidenden dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen.

    Die UNO hat auch erfaßt, daß mindestens 700.000 Menschen kurz vor dem Verhungern stehen, etwa doppelt so viele wie ein Jahr davor. Auch diese Zahl dürfte weitaus höher sein, wenn man bedenkt, daß allein im Gazastreifen rund zwei Millionen Menschen von einer annähernd normalen Versorgung mit Nahrungsmitteln abgeschnitten sind, daß sich diese Situation ungeachtet der vollmundigen Versprechungen der israelischen Regierung und ihrer Verbündeten täglich weiter verschlechtert. Zusätzlich zu den umfassenden Zerstörungen und Tötungen macht sich der Staat Israel auch durch den Einsatz von Hunger als Waffe eines Kriegsverbrechens schuldig.

    Hilfslieferungen zu Lande werden selten durchgelassen, und die mit Fallschirmen abgeworfenen Pakete tragen keinesfalls zur Linderung der Situation bei, vor allem, weil die früher existierenden Strukturen durch den israelischen Angriffskrieg total zerstört und viele der Helfer getötet wurden. Ein vor Wochen von der US Army lauthals angekündigter provisorischer Hafen zur Anlieferung von Hilfsgütern existiert bisher nur in der Phantasie einiger Beamter im Pentagon.

    Fast alle staatlichen wie auch nichtstaatlichen Hilfsorganisationen, die sich dem Kampf gegen den Hunger in aller Welt verschrieben haben, klagen über immer größer werdende Löcher in ihren Budgets. Die Spendenbereitschaft der Menschen in den vermeintlich wohlhabenden Ländern läßt deutlich nach, wohl vor allem aufgrund der gestiegenen Preise, die sie selbst für ihren Lebensunterhalt zahlen müssen. Und die selbsternannten »führenden Industriestaaten« lenken immer mehr Mittel in Richtung Aufrüstung und Krieg, so daß für Wohltätigkeit nur noch Brosamen übrig bleiben – wenn überhaupt.

    Der Kampf gegen den Hunger darf jedoch nicht nachlassen. Das gilt auch für den Kampf gegen den Hunger von Banken und Rüstungskonzernen nach immer mehr Profit. Denn die Milliarden und Abermilliarden Dollar und Euro, die in ausufernde Rüstungsprogramme gepumpt werden, dienen gleichzeitig dazu, immer mehr Millionäre immer reicher zu machen. Die jüngsten Zahlen des Stockholmer SIPRI stehen in einem eklatanten Gegensatz zu den deklarierten Bemühungen zur Verminderung des weltweiten Hungers. Allein die Mitgliedstaaten der NATO – knapp ein Sechstel aller UNO-Mitgliedstaaten – standen im Jahr 2023 mit 1,34 Billionen US-Dollar für 55 Prozent aller Militärausgaben weltweit.

    Die Logik ist eindeutig – und sie macht das Wesen des gewöhnlichen Kapitalismus deutlich: Mit der Produktion von Waffen und Munition und deren Einsatz in Kriegen läßt sich einfach mehr Profit machen als mit dem Stillen von Hunger.

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  • 23. April 2024

    Bei der Rüstung sind sie fix

    Uli Brockmeyer

    Die neuesten Zahlen des in der schwedischen Hauptstadt Stockholm angesiedelten Internationalen Instituts für Friedensforschung SIPRI sollten endlich zu einem gründlicheren Nachdenken anregen. Nicht wirklich verwunderlich, aber dennoch erschreckend ist der erneute Anstieg der Militärausgaben weltweit auf bisher unbekannte Rekordhöhen. Das bisher von der Kriegsallianz NATO geforderte »Ziel«, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für militärische Zwecke auszugeben, wird selbst im weltweiten Durchschnitt mit 2,3 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts deutlich überboten.

    Es sind insgesamt 2,44 Billionen US-Dollar – rund 2,28 Billionen Euro –, die laut den Friedensforschern allein im Jahr 2023 (!) für Rüstung und Krieg verpulvert wurden, und somit vor allem den Eignern von Rüstungskonzernen, deren Zulieferern und Finanziers die Taschen füllen bis zum Überlaufen.

    Das sind 2,44 Billionen Dollar, die nicht zur Verfügung stehen, um dringende Probleme der Menschheit zu lösen, vor allem für die Bekämpfung der auch in den selbsternannten hochentwickelten kapitalistischen Ländern grassierenden Armut, für die Milderung der Folgen der Umweltkatastrophen und deren Vorbeugung, für einen wirksamen Schutz des Klimas, für dringend notwendige wirtschaftliche Entwicklung in den zahlreichen Ländern, aus denen sich wachsende Flüchtlingsströme in die Teile der Welt bewegen, die vermeintlich »wohlhabend« sind. Die Liste der Probleme ist lang, mindestens genauso lang wie die Liste des Kriegsgeräts, das weltweit mit dem Ziel der Zerstörung und der Profitanreicherung produziert wird.

    Wie seit Jahrzehnten stehen die USA unangefochten an der Spitze des Rüstungswahnsinns. Deren 916 Milliarden US-Dollar machen mehr als ein Drittel, nämlich 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben aus. Die von den reaktionärsten Kräften der USA als »größte Gefahr weltweit« bezeichnete Volksrepublik China, die sich zudem einem immer stärker bewaffneten Netz von Militärstützpunkten und Militärmanövern der USA und ihrer Vasallen ausgesetzt sieht – und keinerlei Militärbasen in der Nähe des Territoriums der USA unterhält oder dort Manöver veranstaltet – hat nach Schätzungen 296 Milliarden Dollar für das Militär ausgegeben.

    Unter den zehn Staaten mit den weltweit höchsten Militärausgaben befinden sich interessanterweise mit den USA, Britannien (Platz 6), Deutschland (7) und Frankreich (9) immerhin vier NATO-Länder, und die NATO-Anwärterin Ukraine liegt sogar noch vor Frankreich auf Platz acht, mit 37 Prozent des BIP. Rußland belegt zwar hinter China Platz drei im Ranking, allerdings mit »nur« 5,9 Prozent Militäranteil am BIP. Diese Zahlen sagen nicht allzuviel aus, zumal der größte Teil des ukrainischen Militärbudgets durch die NATO, die EU und deren Mitgliedstaaten finanziert wird.

    Trotz sehr offensichtlicher Größenverhältnisse bemühen sich Politiker und Kommentatoren in unserer Hemisphäre erneut, die »Gefahr aus dem Osten« aufzubauschen. Vor allem die Außen- und Kriegsminister der EU, die sich am Montag in Luxemburg zu einem neuen Kriegsrat trafen, leiten daraus neue Maßnahmen der militärischen Unterstützung für die Ukraine ab.

    Nicht gern zitiert werden allerdings recht deutliche Worte aus Stockholm, mit denen auf eine Alternative zur Rekordrüstung hingewiesen wird, nämlich auf das Mittel der Diplomatie. Auch das sollte zum gründlicheren Nachdenken anregen!

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  • 20. April 2024

    Kapitalismus produziert Armut

    Ali Ruckert

    Am Donnerstagabend veranstaltete die OGBL-Sektion Uelzecht-Mess ein Rundtischgespräch über Armut in Luxemburg, bei dem unter anderem daran erinnert wurde, dass hierzulande inzwischen mehr als 100.000 Menschen einem Armutsrisiko ausgesetzt sind, jedes vierte Kind von Armut betroffen ist und immer mehr Menschen, die einer geregelten Arbeit nachgehen, nicht aus der Armutsfalle herauskommen. Ist es nicht krass, dass im reichen Luxemburg der Anteil der Menschen, die einer bezahlten Arbeit nachgehen und trotzdem arm sind, größer ist als in allen anderen EU-Ländern?

    Inzwischen gibt es viele wissenschaftliche Studien über die Armut hierzulande, und es ist bis in alle Einzelheiten bekannt, welche Bevölkerungsschichten am meisten von Armut betroffen sind. Aber es gibt nur wenige Studien über den oft unverschämten Reichtum hierzulande und darüber, woher dieser Reichtum denn kommt und wer ihn besitzt.

    Und ja, es wurde während des Rundtischgesprächs darauf aufmerksam gemacht, dass Armut und Reichtum zusammengehen, und dass dort, wo es Reiche gibt, es noch viel mehr Arme geben muss. Das führte dazu, dass in der Diskussion auch die Notwendigkeit der Umverteilung aufgeworfen wurde, ohne dass aber konkret gesagt wurde, wie das vor sich gehen könnte, und welche gesellschaftlichen Veränderungen dazu erfordert seien. Denn wer dem Armen mehr geben will, muss dem Reichen gleichzeitig etwas von seinem Reichtum wegnehmen, oder?

    Viel wurde auf die Verantwortung des Staates, weniger auf die der Herren der Wirtschaft hingewiesen, und es wurden eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgelistet, die notwendig sein werden, um die Armut zu bekämpfen, angefangen bei der Erhöhung der sozialen Zulagen, über die Anhebung des Mindestlohns und der Mindestrente, bis hin zum Bau von genügend Sozialwohnungen, was alles richtig ist.

    Und doch konnte man am Ende des sehr interessanten Rundtischgesprächs das Gefühl haben, dass in einer Beziehung um den heißen Brei herumgeredet wurde.

    Keiner der Teilnehmer, auch nicht die fortschrittlichen Vertreter der Zivilgesellschaft, brachte es über die Lippen, deutlich das zu sagen, was augenfällig ist, nämlich dass der Kapitalismus Armut produziert. Denn Armut ist bekanntlich keine Naturerscheinung, sondern die Folge von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen.

    Im Mittelpunkt dieser kapitalistischen Ellenbogengesellschaft steht nicht die Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse und soziale Gerechtigkeit, sondern die Jagd nach Maximalprofiten. Armut gehört zu den »Kollateralschäden«, welche ihre wirtschaftlichen und politischen Verfechter produzieren und die sie bestenfalls durch gewisse staatliche Transferleistungen und eine karitative Almosenpolitik einschränken, aber keineswegs beseitigen wollen oder können. Ansonsten die Kapitalisten und die Reichen, die Besitzer der Konzerne und Banken und riesiger Vermögen, ihre Privilegien verlieren würden.

    Damit das geschieht, müssen sich erst einmal viele politischen, gewerkschaftlichen und sozialen Kräfte zusammenschließen, um zu erreichen, dass die Besitzverhältnisse in der Wirtschaft und die gesellschaftlichen Mechanismen, welche die Armut und die Ungleichheiten und die damit verbundenen Ungerechtigkeiten immer wieder reproduzieren, außer Kraft gesetzt werden können, so dass eine umfassende und gerechte Umverteilung möglich wird.

    Es ist das Einfache, das so schwer zu machen ist.

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  • 19. April 2024

    Wer wird die Zeche bezahlen?

    Ali Ruckert

    Als die Handelskammer diese Woche Stellung zum verspäteten Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 bezog, zeigte sie sich besorgt über die wirtschaftliche und finanzielle Lage und warnte davor, dass weitere finanzielle Handlungsspielräume verloren gehen könnten, sollten die Ausgaben des Staates in Zukunft schneller wachsen als die Einnahmen, und die Staatsschuld weiter ansteigen.

    Die Handelskammer zeichnete ein fast desolates Bild der Wirtschaft, stellte einen Rückgang der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit fest und behauptete, dass selbst die Milchkuh der Luxemburger Wirtschaft, der Finanzsektor, »leide«. Angesichts einer solch negativen Entwicklung müsste man eigentlich in Tränen ausbrechen, wüßte man nicht, dass die Zentralbank und die Finanzaufsichtsbehörde erst vor kurzem den Banken am Luxemburger Finanzplatz für 2023 einen Nettoprofit in Höhe von 6,6 Milliarden Euro bescheinigt hatten – ein neuer Rekord!

    Keine Überraschung war hingegen, dass die Handelskammer wieder einmal »Mäßigung« im Öffentlichen Dienst verlangte, zu »Reformen« im Renten- und im Gesundheitsbereich mahnte und davor warnte, bei zukünftigen Tripartitezusammenkünften mit der Gießkanne zu verteilen.

    Es geht dabei – ohne dass das offen gesagt wird – um Umverteilung. Der Handelskammer, welche eine Institution des Patronats ist, geht es darum, finanzielle Spielräume zu erhalten oder zu schaffen, die es möglich machen, die Umverteilung der öffentlichen Finanzen, wie sie seit Jahrzehnten funktioniert, fortzusetzen, beziehungsweise noch auszuweiten.

    Auf den Gedanken, dass das Kapital – und insbesondere das Groß- und Finanzkapital – viel zu wenig Steuern bezahlt, so dass der Staat nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen, kommt der Handelskammer erst gar nicht in den Sinn, weil das den vom Kapital praktizierten Klassenkampf von oben beeinträchtigen würde – und doch ist es so.

    Die Probleme, die das Land hat und die zu schweren Verwerfungen führen werden, wenn sich die kapitalistische Krise verschärfen und der finanzielle Spielraum des Staates enger werden sollte, haben nicht nur damit zu tun, dass das Land und der Staatshaushalt übermäßig abhängig vom ausländischen Finanzkapital sind.

    Sie bestehen vielmehr darin, dass seit langem – obwohl die Ausbeutung der Lohnabhängigen eine der höchsten in ganz Europa ist –, ein viel zu kleiner Teil der erwirtschafteten Profite in den technologischen Fortschritt, innovative Produktionsprozesse und die Ansiedlung von neuen Betrieben, die Produkte mit hohem Mehrwert herstellen, investiert wurde, wie das die Kommunisten bereits vor langer Zeit angeregt haben.

    Kontraproduktiv ist zudem, dass immer mehr Menschen, statt dass sie entsprechend ausgebildet und in den Produktionsprozess integriert werden, so dass sie entlohnt werden und ihr Leben eigenständig bestreiten können, in die Sozialhilfe und die Armut abgedrängt werden.

    Die Engpässe, die sich heute immer krasser im Wirtschafts- und im Haushaltsbereich zeigen und die zunehmend auf den arbeitenden Menschen lasten, sind die Folgen des bisherigen Wirtschaftsmodells, das Gift für die Schaffenden ist und regelrecht nach Umgestaltung schreit.

    Die Frage, die sich kurzfristig stellt ist, wer in den nächsten Krisenjahren ganz konkret die Zeche bezahlen wird. Geht es nach dem Kapital, der Handelskammer und der Regierung, sollen das wieder einmal die Lohnabhängigen und Rentner sein.

    Ohne heftige Gegenwehr wird das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so kommen. Verhindern können das allein die Schaffenden.

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  • 17. April 2024

    Miete zahlen macht arm

    Ali Ruckert

    Diese Woche beschloss der Regierungsrat, den Gesetzentwurf zur Änderung des Mietgesetzes auf den Instanzenweg zu schicken. Allerdings wurde zuvor entschieden, den Teil der Reform, der von der Mietobergrenze handelt, aus dem Gesetzesentwurf zu entfernen.

    Mit dem Absatz, der gestrichen wurde, wollte der damalige grüne Wohnungsbauminister Henri Kox eigenen Aussagen zufolge »die Mieter besser schützen und für mehr Transparenz in der Mietpreisgestaltung sorgen«. Im Gesetzesentwurf hieß es, dass die Mieten maximal 3,5 Prozent des investierten Kapitals betragen dürfen, bei schlechter Energieeffizienz sogar nur maximal 3 Prozent.

    Hinzu kam, dass der Besitzer der Wohnung sich im Mietvertrag für die Einhaltung der Mietobergrenze verpflichten, und das investierte Kapital im Mietvertrag einschreiben sollte, ohne allerdings einen Nachweis für seine Berechnung liefern zu müssen.

    Auf den ersten Blick schien das eine eher fortschrittliche Maßnahme im Sinne der Mieter, aber die Mieterschutzvereinigung, die Gewerkschaften, die KPL und andere wiesen nach, dass die angestrebte Senkung des Satzes zur Berechnung der Miete von 5 auf 3,5 Prozent keineswegs eine wirksame Bremse sein werde, um Mieterhöhungen zu verhindern.

    Heftig kritisiert wurde zudem, dass im neuen Berechnungsmodell das investierte Kapital nicht mehr den tatsächlichen Investitionen entsprechen sollte, sondern eher dem »Marktwert«. Das hätte unter anderem zur Folge gehabt, dass Mieter von Wohnungen, die weniger als zehn Jahre alt sind, noch viel mehr Miete hätten zahlen müssen.

    Nun wird die bisherige Mietobergrenze bleiben, aber auch das ist kein Fortschritt, denn die Mieten sind in der Regel viel zu hoch und, zusammen mit den zu niedrigen Löhnen, ein Grund dafür, dass immer mehr Familien in finanzielle Schwierigkeiten kommen, weil sie bis zu einem Drittel oder mehr ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen.

    Das dürfte sich möglicherweise noch verschlimmern, denn die rasch gestiegenen Preise für Eigentumswohnungen und die höheren Zinssätze haben dazu geführt, dass viele Menschen, die sich ein Eigenheim anschaffen wollten, nun darauf verzichten und es bei einer Mietwohnung belassen müssen. Doch je größer der Mangel, umso höher die Mieten.

    Es ist dies eines von vielen Beispielen, die zeigen, dass im Kapitalismus eine Wohnung eine Ware wie jede andere ist, die nicht in erster Linie dazu dient, ein menschliches Bedürfnis zu erfüllen, sondern den Miethaien (und Baulöwen) einen möglichst hohen Profit zu sichern.

    Die Rahmenbedingungen dafür schaffen die Gesetze und »Reformen«, die während der vergangenen Jahrzehnte von den »staatstragenden« Parteien in der Regierung und der Chamber im Interesse der Miethaie beschlossen wurden.

    Es ginge natürlich auch anders, aber damit würde dann das Privileg der Miethaie, die Mieter ganz legal ausbeuten zu dürfen, in Frage gestellt.

    Das will zumindest die KPL erreichen, indem sie nicht nur einen Stopp für Mieterhöhungen über längere Zeit, die Begrenzung der Mieten in öffentlichen Mietwohnungen auf 10 Prozent des Mietereinkommens und die Gewährung eines gestaffelten Zuschusses für Mieter in Privatwohnungen, gekoppelt an das Einkommen und die Größe der Wohnung fordert, sondern auch den Bau von 50.000 Wohnungen innerhalb von zehn Jahren, wobei Mietwohnungen den größeren Teil davon ausmachen sollen.

    Andernfalls die hohen Mieten und der Mangel an Mietwohnungen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortbestehen dürften.

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